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Vom Bodensee zum Gardasee: 2 Tag

22.07.2001

Erlebt und aufgeschrieben von Christian Winter



2.Etappe: Tschagguns/ Schruns - Mals im Vinschgau (Malles Venosta)/ Tartsch


Den zweiten Tag begannen wir früher als die meissten Gäste des Campingplatzes. Trotzdem lagen wir, wie auch schon am ersten Tag, unserem Zeitplan hinterher.
Die Sonne schien und es herrschten angenehme Temperaturen. Während des ganzen Sommerurlaubes hatten wir Glück mit dem Wetter. Es war fast eher zu heiß.

Die ersten 15km waren flach und so ideal zum Einrollen. Die folgenden Kilometer waren eine Steigerung des gestrigen Vorgeschmackes auf die Alpen. Der Anstieg auf die Bielerhöhe ist ca 16km lang und weist eine Höhendifferenz von knapp 1000m auf.
Die auf der Karte verzeichneten Steigungsmaxima betragen 14%. Der gemeinsame Tenor bestand darin, dass jeder diese Steigung nach seinem momentanen Schmerzempfinden und -bedürfnis zu bewältigen habe. Schließlich war dies erst die zweite Etappe und auch erst die zweite ernst zu nehmende Steigung. Gesagt getan ein jeder nach seinem Gusto, noch heute sollten wir Italien erreichen.

Schon nach den ersten Metern wurde das kleine Feld auseinandergerissen. Unser Kapitän, El capitano, der sich oft und gerne in den Mappeifarben zeigt, gab Gas und ward erst oben auf der Bieler Höhe und dem Silvrettastausee wieder gesehen.

Allerhand.

Die drei anderen Mitstreiter quälten sich ohne größeren Abstand zueinander die Höhenmeter hinauf. Wie auch schon am ersten Tag gelangen unseren beiden Begleitern wunderbare Schnappschüsse und eine gelungene Studie mit Videocamera.

Es lebe die Fahrradidiotie!

Einen riesig großes Dankeschön an unsere Begleiter. Neben der ganzen Autofahrerei, zu langsame Objekte, welche die Pässe runter schleichen, ungewohnte Verkehrsführung oder Stau, wurden die Cyclisti immer wieder aus dem Auto versorgt. Bei Bedarf wurde die gewechselte Trinkflasche am Berg sogar hinterher getragen.

Von der Bielerhöhe bot sich uns ein eindrucksvoller Blick auf den Silvrettastausee. Trotz Sonnenschein konnten wir uns nicht lange verweilen. Es galt nicht zu sehr auszukühlen. Immerhin befanden wir uns jetzt schon auf einer Höhe von 2036m über dem Meeresspiegel. Nach der Abfahrt die leider weniger spektakulär als die gestrige war, machten wir Rast, um uns zu stärken.

Wir saßen erhöht über der Straße in der Sonne. Ich beneidete die Begleiter um ihr kühles Bier, besser gesagt wir alle beneideten die beiden. Aber wir hatten ja noch einige Kilometer vor uns. Die warme Mahlzeit war an sich schon purer Luxus und eigentlich radsporttechnisch totaler humbuck. Das sollten dann auch drei von den vieren zu spüren bekommen.
Recht so, dass dies kein Badeurlaub werden würde wussten wir, wollten uns aber den Schein des "Urlaubes" bewahren- hihihihi.

Es war der Banestomann, der mal wieder unter Beweis stellte, dass für ihn selbst unter diesen Bedingungen eine große Portion Geschnetzeltes kein Verdauungsproblem darstellt.
Sogar die Tatsache, dass er als letzter seine Mahlzeit erhalten hatte, hinderte ihn nicht daran gleich nach der Pause voll weiter zu fahren. Das weckte Erinnerungen an die letzte Vorbereitungsfahrt in den Rheingau. Es kann ja auch Regen geben. Dies aber ist eine andere Geschichte.

Bei wunderbarem Wetter mit Sonnenschein fuhren wir weiter. Wir passierten Galtür, Ischgl, Landeck, Prutz und Tösens. Nach Pfunds ließen wir auch Nauders hinter uns zurück und passierten über den Reschenpaß die ösi-italo Grenze. Ungefähr 15km vor dem Etappenziel setzte der Banestoman noch eins drauf.
Er war nicht mehr zu halten und fuhr dem Peloton davon. Nur durch eine Tempoverschärfung durch El capitano konnte der Ausreißer noch eingeholt werden. Der Protagonist, klassisch auf Bianchi, welcher Tage später das gepunktete Trikot tragen sollte, drehte vor dem Ziel auch noch mal kräftig am Rad.

Zur großen Verwunderungen des Hauptfeldes, bestehend aus unserem Kapitän und dem im Kamillosantrikot fahrenden Gast. Aber anstatt Anschluß an den Banestoman zu suchen, begnügte er sich mit einer Tempoeinlage für die Videodokumentation. Er wusste das Ziel wohl nahe und setzte sich zwischen den Führenden und die Verfolger. Brutale Tempoarbeit des Kapitäns ermöglichte auf den letzten Metern das Auf- und Überholen der Ausreißer.
Aus vertraulich- seriöser Quelle weiß ich, dass der Gastfahrer zu diesem Zeitpunkt der Etappe am liebsten laut geschrien hätte. Er konnte aber nicht, war richtig platt. Auch machte ihm, als angehender Mediziner, der sich abzeichnende Sonnenbrand zu schaffen.

Wie oben beschrieben, es war schön sonnig. Die Länge der zweiten Etappe betrug ungefähr 160km. Bis die Zelte aufgebaut, die Fahrer geduscht, die geschundene Haut einbalsamiert und mengenmäßig mehr schlecht als recht Nahrung aufgenommen war, herrschte auf dem Campingplatz um uns Stille.

Es war wieder spät.



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