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GAP Classics Mountainbike-Marathon

2. Juni 2002


Erfahrungsbericht

- Teil 1 -

Erlebt und aufgeschrieben vom Kaukhäschen


Sonntag morgen, 07:30 Uhr am Startplatz. Vor mir liegen zwei Runden von je fünfzig Kilometern Länge mit insgesamt 3300 Höhenmetern. Wow, mein erster Marathon. Zum Glück standen ja im letzten Korintherbrief der Bikerzunft die "Zehn Gebote für Bikemarathon Novizen und -Innen" zu lesen. Ob's helfen wird? Na ja, is' eh zu früh zum Denken.

Wir sind zu sechst angereist, Stepi, Alex W., Matthias und Alex K. zum Rennen, Sylvia und Zelji zum Festival und als wertvolle Betreuerinnen. Haben am Donnerstag gleich bei der Ankunft den bayrischen Abend und eine Kiste Helles in der Juhe von Mittenwald mitgenommen, sind wegen "Benehmens wie in einem Kirmeszelt in Gegenwart anderer, insbesondere halbstarker, Gäste" von der Herbergsleitung getadelt worden.
Haben Freitags die große Karwendelrunde auf den Spuren der Transalp-Challenge absolviert, dabei, im alten Stile randalierend, Bänke zerstört, freilaufende Voll-Schäfer bestaunt und unsere teilweise nicht schwindelfreien Damen in der drittgrößten freischwebenden Kabinenbahn Europas der schönen Aussicht wegen auf einen Zweitausender geschickt. Uns Abends nach fröhlichem Besuch des Festivals, der Bikeparty und eines Pool-Jump-Contests wieder ein Fehlverhalten bezüglich der Lautstärke zuschulden kommen lassen, für das wir prompt von den Nachbarn gerügt wurden.
Und letztlich am Samstag, als der Planet auf den Deez brannte, einen Tag lang das Festivalgelände überfallen und nach stundenlanger Suche erfolglos abbrechen müssen - kein Riff-Raff Stand weit und breit!

Aufgrund der großen Teilnehmerzahl wird in verschiedenen Gruppen im Abstand von zehn Minuten gestartet, wir fahren um 08:10 Uhr im zweiten Wagen. In dem Pulk von über 400 Fahrern verlieren wir uns mit der Gruppe schon im Startraum aus den Augen. Erstaunlich, ich hätte gewettet, am Start gibt's den ersten Massencrash. Aber alles geht glatt.
Im Rudel geht es erst einmal einige Kilometer auf Asphalt entlang der Zugspitzbahn durchs Tal, zum "Einrollen". Von wegen, der Puls ist irgendwie nicht ruhig zu halten, hier schon 170! Viel höher wird das bei mir auch nicht mehr an diesem Tag, in der ersten Runde bremse ich mich noch, in der zweiten wird er dann ohnehin nicht mehr über 175 wollen.
Dann der erste Anstieg. Zusammenschluss des Teams Gambrinus, wir fahren im Abstand von 200 Metern auf einer Forstautobahn bis auf 1400 Meter Höhe zur Trögelnhütte auf den Hausberg. Die letzten 150 Höhenmeter der Strecke verlaufen senkrecht zu den Höhenlinien eine Skipiste hinauf - Schiebepassage. Begleitet wird unser Aufstieg von herrlichen Ausblicken in das Tal und dem stets präsenten, eindringlichen Warnruf des Flussregenpfeifers 'krüüh-krüüh-krüüh'.
Kurze Pause oben, 'a wenig 'a kleine Erfrischung die wann wir zu uns nehmen möchten, noch sind die ganzen Powerbars eine echte Attraktion und das Gatorade ein feistes Kaltgetränk. Unser Local Stepi ist gleich durchgefahren, zu dritt geht's auf die Abfahrt vom Hausberg. Huui! Sehr ordentlich. Ich fange an, zu verpflegen, aber Banane in Stücken ist bei fünfzig Stundenkilometern auf Schotter noch glitschiger als sonst. OK, dann eben Riegel. Das Silberpapier schmeckt irgendwie auch nicht besonders. Also, weiter. Der Downhill macht seinem Namen alle Ehre, langsam fängt die Sache an Spass zu machen.
Dann geht es in ein kultiges Schicksalsstück, vor mir lautes Kreischen von japanischem Gummi auf französischen Felgen - meine Magura hält. Am Streckenrand stehen verschiedene Teilnehmer im Wald mit offensichtlich überfordertem Taiwan-Reifenmaterial - der Conti hält. Dann eine Neunzig-Grad Rechts, kurze Abfahrt, schmales und tiefes Schotterbett und - sch..., Stepi hatte doch gesagt "ey, früh schalten, da kommt dann voll die dicke Steigung!". Was machten die noch alle, die ihr Bike so lieben? Schnell an dem Steilstück an zwei Fahrern vorbeigesprintet, dann wieder aufgesessen und durch ein sensationell-geiles Singletrail-Waldstück immer entlang der Höhenlinien gebrettert.
Die nächste Abzweigung führt wieder auf eine Forstautobahn, ein fünfundsiebziger Schnitt erscheint mir hier angemessen. Das Team findet im Tal an einer längeren Steigung mit mäßigen Steigungsprozenten wieder zusammen, endlich ein vernünftiges Terrain für verhinderte Frühjahrsklassiker-Jäger wie mich. Hinter einer Biegung stehen unsere Mädels, ebenfalls in Gambrinus Trikots gekleidet, 'krüüh-krüüh-krüüh', Lächeln fürs Familienalbum.
Hilfreich haben sie zuvor schon den Führenden den Weg gewiesen. Die gekeuchte Frage "Wie weit noch bis zur Ver-pfle-gung?" wird, in gewisser Hinsicht, wahrheitsgetreu mit "Äh, ja ja, immer geradeaus!" beantwortet, die für den Rennfahrer offensichtlich unbefriedigende Antwort seinerseits mit einem gezielten Flaschenwurf quittiert. Kein Humor des A... , aber immerhin eine neue Trinkflasche.
Wir sind bei Kilometer 30 als das durch in der Wegmitte aufgestellte Pylonen gekennzeichnete Stück mit Gegenverkehr beginnt. Die ersten fünfzig kommen uns schon entgegen, haben also schon über 10 Kilometer Vorsprung. Bei so viel Downhill-Gegenverkehr beruhigt mich die zunehmende Zahl von Bergrettungs-Helfern am Wegrand. Dann die Abzweigung und nach einer Biegung ein knackiges 16% Stück. Ich finde mich damit ab, gerade gewonnene Plätze Kusshändchen-um-mich-werfend wieder abzugeben. Der Anstieg zieht sich, also Rhythmus finden, nicht denken.
Als es wieder flacher wird, schliesse ich zum Team auf. Wanderer werden vom Warnruf des Flussregenpfeifers aufgeschreckt und verlassen fluchtartig den Weg in Richtung des schützenden Unterholzes. Als das Team sich als geübte Ornithologen ausgibt, schliesst sich uns kurzzeitig ein weiterer bikender Vogelfreund an. Er steht total auf unser Trikotdesign. Leider ist für ihn die Zeit der Bewunderung des genialen Farbenspiels der Teamjerseys mit Beginn des anstehenden Downhills vorbei, obwohl in dem Rennen erstaunlicherweise ein grosser Teil der Fahrer halbwegs vernünftig einen Berg 'runterkommen. Da ich leider des Pullerns vom Rad nicht besonders mächtig bin, wird die nächste Verpflegungsstation für eine zünftige Pinkelpause genutzt. Muss auch sein.
Kurze Zeit später trifft die Schleife wieder auf die Gegenverkehr-Passage. Dann geht's an der Abzweigung auf den letzten Uphill der Runde. Nur noch ein paar Kilometer vom Start-Ziel-Bereich entfernt stehen hier endlich richtig viele Zuschauer - und 'wos für welche! Immerhin bleibt beim 189er Puls noch Zeit, den Kerl neben mir zu fragen, ob die zwei am Wegesrand haarenden Bike-Girlies ihn kannten. Nee nich'? Na also, wusst' ick doch, dass die mir jewunken, ach wat zugejubelt!!!, haben... Venga venga.
Over the top und dann der Downhill Richtung Ziel. Aber oh-oh, der 'rockt ja noch mal richtig! Sehr ordentlich, jede Menge Bergwacht und Sankas überall, halbmeter-tiefe Wasserrinnen quer über einen 20-22% Downhill! Da - ein Member of Gambrinus vor mir auf Abwegen, bremst, blockiert und macht schliesslich aus weiser Überlegung den 'Ulle-Move! "Over the bar and into the grass!" Brauche selber gute 100 Meter zum Anhalten, stehe mit ein paar Sankas da und höre mir die üblichen Sprüche an "na, do is nix passiert, der is weich g'falla!", der steht gleich wieder uff'. Kurzes Schulterklopfen an den Team-Kameraden und weiter. Dieser Downhill ist sensationell, super-abgefahren, eben echt hardcore. Toll, heute dürfen wir es also auch sein!!!
Mittendrin laufen dann die eine Stunde nach uns gestarteten Lizenzfahrer auf mich auf, ein zackiges "JA!" ist nicht zu überhören, ich mache artig Platz. Der Versuch, bei der folgenden steilen und nassen Wurzelpassage einige Kurven 'dranzubleiben scheitert kläglich... . Weehaa, die Jungs fahren richtig cool Linie mit Hardtails! F*ck Free-, Fro-, und Fagride-Bikes! Stepi erwischen die beiden Führenden dann an einer ungünstigeren Stelle: total flaches Stück, einhundert Prozent Singletrail, absolut keine Überholmöglichkeit und vor ihm ein Schnarcher der das Tempo diktiert. Überlieferter Original-Kommentar der Lizenzies: "EEEEYYYYY, des is keine Kaffeefahrt hiiieeä!!!"
Endlich am Stadion, das Ende der ersten Runde in greifbarer Nähe. Und dann. Der Traum meiner schlaflosen Nächte seit dem ich das Ding das erste Mal gesehen habe. Ende mit Lustig. D-Day. Der Steigungsmesser zeigt nachher 34% an, ein etwa 300 Meter langes Stück, nach zweidrittel Distanz in einer engen neunzig Grad Links von Asphalt in Schotter übergehend. Man sagt wohl, wer das hier fährt, hat mehr als zwei Eier. Es ist die seitliche Auffahrt zur Großschanze von GAP, endet direkt am Schanzentisch. Sie ist wohl tatsächlich fahrbar. Heute - nicht für mich.
Am Ende des Tages haben es von etwa 2400 Teilnehmern ganze 28 geschafft, davon 16 Lizenzfahrer und nur 12 Hobbys. Ein glorreiches Mitglied des Team Gambrinus ist einer davon! Chapeau! Den Orden am Band wird der Präsi bei passender Gelegenheit persönlich überreichen. Eine Parade und die zweiwöchigen Feierlichkeiten sind schon in der Planung. Stepi rule'z!
Ich schiebe das Stück, kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als vor mir Lizenzfahrer nach Lizenzfahrer absteigt. Un-be-schreib-lich. Irgendwann komme ich oben an, es geht direkt durch die kurze Bergabpassage ins Skisprungstadion zum Ziel und Ende der ersten Runde. Meine Startnummer wird für die Zeitmessung eingescannt, auf dem Weg zur Verpflegung übersehe ich schon beinahe unsere Mädels. Kurz gewunken, den Schimmelbag vollgetankt, das muss jetzt langen für die zweite Runde.



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